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Besuch im Sulztal


VonGaby Oswald- Geschrieben am22 June 2008

Reto und ich treffen uns um 11.30 Uhr bei Marie und Felix. Gemeinsam wandern wir heute ins Sulztal.

Bei der Talstation der Seilbahn «Witterschwanden-Eggenbergli» erklärt mir Felix, wie die Seilbahn mit Jetonbetrieb funktioniert. Ich fahre nicht gerne Seilbahn und diese hier sieht alles andere als vertrauenswürdig aus. Der Gedanke, dass rein statistisch kaum jemand in einer Seilbahn verunglückt, ist dabei ein schwacher Trost. Aber es hilft nichts: Ich muss in den nächsten Wochen mehrmals mit diesem Wunderwerk den Berg hochfahren.

An der Wand hängt die Bedienungsanleitung. Felix übergibt mir die Jetons. Es funktioniert so: Zuerst öffnet man die Türe vom Bähnli, damit es nicht ungewollt losfahren kann. Dann kann die Kabine beladen werden mit Rucksack, Salz und was man sonst noch mitnehmen möchte. Dann steigen alle ein, ausser jener Person, die den Jeton hat. Die Personen, die bereits eingestiegen sind, müssen nun die Türe schliessen, weil nur in diesem Zustand der Jeton angenommen wird. Wenn der Jeton im Schlitz drin ist, hat man drei Minuten Zeit, um einzusteigen. Schafft man das nicht, geht die ganze Prozedur von vorne los und der erste Jeton ist verloren.

In der Kabine hat es mehrere Knöpfe, mit denen man wählen kann, ob man bei einer Zwischenstation (Masten) aussteigen will - oder man drückt auf «AUF», wenn man bis zur Bergstation will. Das macht Felix und zwar so lange, bis es piepst. Nach ein paar Sekunden bewegt sich die Bahn in die Höhe. Die Fahrt über die Pfosten sind besonders unangenehm da es hier richtig holpert. Unser Mitfahrer findet, es sei heiss hier drin und öffnet die Tür - während der Fahrt! Ich halte Nazca ganz verkrampf fest und hoffe, dass sie ruhig sitzen bleibt. Ich bin froh, dass Sina und Ocean mit Reto im vorigen Bähnli hochgefahren sind - sonst müsste ich jetzt drei Hunde festhalten.

 

 

Oben angekommen wandern wir los und ich bin froh, dass es durch Wald geht. Es ist sehr heiss und Sina hechelt und schnauft ganz fest. Sie wird am Montag zwölf Jahre alt und da möchte ich sie nicht überfordern. Nach einer halben Stunde machen wir eine kurze Pause, die Felix nutzt, uns in die Namen der Berge einzuweihen. Ich habe sie bereits wieder vergessen - bis auf die «Kleine Windgällen» und etwas mit «Kienzig». Aber die Aussicht ist prächtig!



Es geht weiter zum «Steinboden». Hier laden wir den fünfzehn Kilo schweren Salzsack ab, den Felix auf seinen Schultern hoch getragen hat. Im alten Stall ist ein Salz-Depot. Das Salz (Mineralsalz) ist für die Schafe. Mit dem Salz kann ich die Schafe anlocken und falls nötig so auch besser einfangen. Ich werde für Notfälle immer etwas Salz bei mir haben.

Dann kommt ein Tor - und wir betreten Schaf-Weidegebiet. Ein Stück weiter stehen wir vor einem Schneefeld. Ich mag Schneefelder nicht, da ich bereits in der Vergangenheit die schmerzhafte Erfahrung machen durfte, ein Schneefeld runterzurutschen. Die Schneedecke ist nicht mehr so dick und hat auch schon einzelne Löcher. Der Bach, der unten durch fliesst, ist fast drei Meter weiter darunter. Bloss nicht daran denken, was passieren könnte, wenn wir einbrechen!
Felix prüft, ob die Schneedecke hält. Sina und Ocean haben nichts besseres zu tun, als wie irre über den Schnee zu rasen. Ich bekomme in der Zwischenzeit fast eine Krise, weil Ocean gefährlich nah am Loch vorbei trabt. Reto, der hinter Felix her geht, rutscht zwei Meter die Schneedecke hinunter, bis er wieder festen Boden unter den Füssen hat. Das ist zuviel! Etwas zu laut rufe ich meine Hunde und binde sie mit der Leine an. Ocean turnt immer noch im Schnee herum, geht dann zum Glück zu Reto, der das Schneefeld überquert hat. Felix nimmt meine Hunde und bringt sie auf die andere Seite zu Reto. Dann hilft er Marie hinüber und danach mir.

Das Sulztal ist viel wilder als die Hänge bei der Sittlisalp. Die meisten Schafe stehen auf den vereinzelten Schneefeldern. Dort ist es bei der Hitze bestimmt am angenehmsten, aber auch gefährlich, den Schafe können ebenfalls einbrechen. Felix erzählt, dass es das jedes Jahr gebe. Dann zeigt er mir, wo wir in rund fünf  Wochen die Schafe ins obere Sulztal treiben werden. Von hier unten kann man sich nicht vorstellen, dass da ein Weg durch gehen soll. Ich bin gespannt, wie es sein wird, wenn ich da drin stehen werde.

Nun geht es wie vorgestern abgemacht zu Tonis Ferienhäuschen. Sina zankt sich zur Begrüssung mit der Groeni-Hundin von Toni und hat danach ein kleines Loch auf der Nase. Toni bringt seinen Hund ins Haus. Meine Drei legen sich in den Schatten und schlafen. Ocean, die oben bei den Schafen noch im Bach gespielt hat, ist fix und fertig. Ich bin froh, dass sie sich hier ausruhen kann. Wir trinken Ice-Tee und Toni übergibt mit die Dokumente für die Schafe.

Nach gut einer Stunde brechen wir auf, denn am Himmel ziehen Gewitterwolken auf und bis zur Bahn werden wir eine knappe Stunde benötigen. Ocean, die wirklich müde ist, läuft super mit. Zehn Meter vor der Bahn wirft sie sich ins Gras. Ich packe sie unter den Arm und trage sie die paar Meter bis ins Gondeli. Morgen haben Sina und Ocean frei.

Marie fragt uns unten, ob wir noch ins «Alpina» kommen zu einem gemeinsamen Nachtessen. Wir stimmen zu und essen Älplermagaronen mit Geschnetzeltem. Nach so einer Wanderung schmeckt alles doppelt so gut. Marie hat einen Gutschein dabei, den sie auf ihren Geburtstag geschenkt bekommen hat - und bezahlt damit unser Essen. Vielen Dank, Marie!

Wieder auf der Sittlisalp freuen wir uns, Reto und ich, auf die Dusche. Ich gehe hinüber zum Nachbarn und möchte die Sicherung einschalten, aber sie lässt sich nicht einschalten. Ich befürchte, dass etwas kaputt gehen könnte. Also drehe ich das Gas auf und rufe Reto. Reto wagt es aber ebenfalls nicht, die Sicherung mit Gewalt einzuschalten. Zum Glück habe ich die Nummer der Nachbarn. Vali nimmt ab. Er versichert mir, dass nichts kaputt gehen könne. Ich solle die Sicherung mit Gewalt hoch drücken.
Geschafft! Jetzt ist alles eingeschaltet, aber heisses Wasser haben wir immer noch nicht. Unter dem Lavabo hat es vier Gasschalter. Nach langem überlegen und ausprobieren geben wir auf. Reto duscht eiskalt - und ich koche mir heisses Wasser und wasche mich mit einem Waschlappen. Wir sind müde und gehen ins Bett.