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Besuch bei der Plattihütte


VonGaby Oswald- Geschrieben am27 July 2008

Nachdem ich zwei Tage im Unterland war, spüre ich heute Abend meine Muskeln. Felix, Marie, Reto und ich waren heute im Platti-Gebiet. Unser Ziel war der Bälmeten. Auf dem Weg zur Platti-Hütte treffen wir immer wieder auf Schafgruppen von zehn bis dreissig Tieren. Wir verteilen das mitgebrachte Mineralsalz. In jeder Gruppe gibt es eins oder zwei Schafe, die lahm gehen. Wir fangen diese Tiere ein. Klauenpflege ist ein nie endendes Thema hier oben.

Zwölf Uhr ist längst vorbei. Alle haben Hunger, aber die Schafe gehen vor. Um zwei Uhr geht uns das Mineral-Salz aus. Jetzt geht es zur Platti-Hütte. Um drei Uhr essen wir endlich zu Mittag.

Die Hütte ist grösser als ich dachte und super eingerichtet. Es gefällt mir hier seht gut. Wir werden bestimmt bald unsere erste Nacht hier verbringen. Die Ravioli-Büchse, die noch im Schrank steht, werde ich kaum essen: Ablaufdatum Mai 06. Auch die vier weiteren Nahrungsmittel haben Ablaufdaten von März 03 bis Mai 08. Einzig die Flasche Wein sieht verlockend aus. Wir sparen sie uns für den nächsten Besuch auf.

Die Hütte ist etwas unglücklich gelegen. Vom Wanderweg aus sieht man sie nicht. Eine komische Schutzhütte. Ich frage mich, ob die Hütte sich vor den Wandereren in Not versteckt oder ob die Hütte einfach nur Besuch von der Hirtin mag. Wenn keiner sie findet ist die Gefahr bestimmt nicht gross, dass sie besetzt ist, wenn ich hier übernachten will. Leider geht es zur Hütte einige Höhenmeter hinab, die ich wieder hochgehen muss, um meine Schafe zu sehen. Bei einem so weitläufigen Gebiet machen die paar Meter nicht mehr viel aus, könnte man meinen. Ich wäre schon sehr froh wenn das nicht so wäre.

Nach dem Essen geht es also wieder hoch zu den Schafen. Felix und ich holen beim Salz-Depot einen fünfzehn Kilo schwerden Sack Salz. Felix trägt ihn und erzählt, dass hier früher das einzige Depot war und er immer das Salz zu den Schafen tragen musste, als er noch Hirte war. Ich bin sehr froh, dass ich jetzt vier Depots habe. Mein Rucksack-Inhalt besteht sowieso nur noch aus Salz und Schaf-Zubehör und Wasser. Für mein Essen hat es kaum Platz. Ich werde mir vermutlich noch einen grösseren Rucksack kaufen müssen.

Bei der nächsten Schafgruppe entdecken wir ein Schaf, das eine besonders schlimme Klaue hat. Richtig geschwollen ist der Fuss. Felix drückt mit aller Kraft den Eiter hinaus. Das ist eklig. Ich bereite in der Zwischenzeit eine Spritze mit Penicilin vor. Ich verabreiche die Spritze und schreibe mir die Ohrnummer auf. Mit dem Markierstift kriegt der Patient neben dem geraden Strich über die Nase auch noch rote Ohren. So erkenne ich das behandelte Schaf bei den nächsten Kontrollgängen und kann es im Auge behalten. Rote Ohren kriegen nur die, denen ich Penicilin spritzen musste. Nicht, dass du jetzt meinst, alle meine Schafe laufen mit roten Ohren durch die Gegend.

Die Zeit vergeht wie im Flug. Den Bälmeten verschieben wir auf ein anderes mal. Es ist bereits sieben Uhr abends als wir zum Grätli zurückkommen. Das acht Uhr Bähnli werden Felix und Marie nicht mehr erwischen. Trotzdem läuft Marie zügig voraus. Unten bei den Ställen sind wie schon am Morgen die Älpler am Melken. Wir waren gut zwölf Stunden unterwegs. Da darf ich meine Muskeln schon etwas spüren. Pizzaservice auf der Sittlisalp wäre jetzt nicht schlecht!